Filmkritik | Empire Of Silver (China/Taiwan, 2009)

Empire Of SilverEmpire Of Silver ist ein hierzulande äußerst unbekannter Film aus Asien. Unbekannt wohl auch deshalb, weil ein Finanzdrama nicht unbedingt den Geschmack der Masse trifft und die Macher beim Dreh scheinbar kaum den Drang verspürten, sich mit ihrem hochwertigen Werk auch im Westen anzubiedern. Bereits 2006 begann man mit den aufwändigen Dreharbeiten unter den Fittichen der taiwanesischen Debüt-Regisseurin Christina Yao. Drei Jahre hat die Fertigstellung des Films gedauert und das Resultat kann sich sehen lassen. Es ist die Verfilmung eines alten, mehrbändigen Romanes und erzählt die Geschichte der »chinesischen Wall Street« im kaiserlichen China des 19. Jahrhunderts.

Im späten 19. Jahrhundert ist das Finanzimperium, das man auch als die chinesische Wall Street bezeichnet, fest in den Händen der Kang-Familie. Kein Wunder, hat Lord Kang (Zhang Tielin) sein Imperium doch aus dem Nichts aufgebaut. Erben gibt es genug, doch durch tragische Zwischenfälle bleibt zuletzt nur der unliebsame dritte Sohn (Aaron Kwok), der mit einem Leben als Banker so gar nichts am Hut hat, als Nachfolger seines Vaters übrig. Nun muss sich Sohn Nr. 3 entscheiden—soll er doch in die Fußstapfen seines Vaters treten und den Untergang des Finanzimperiums verhindern oder lieber seinen eigenen Weg gehen?

Was für viele jetzt nicht unbedingt besonders spannend klingen mag, wurde von Regisseurin Christina Yao überraschend solide umgesetzt. Die detailreiche Ausstattung des Sets, für die angeblich echte Antiquitäten verwendet wurden, ist genauso effektiv wie die ästhetischen Bildkompositionen, mit denen man das Ganze einfängt. Für weiteres Interesse sorgen Konflikte zwischen den Figuren. Besonders die heimliche Liebe zwischen Stiefmutter (Hao Lei) und Sohn Nr. 3, die sich überm gemeinsamen Englischunterricht entwickelt hat, sorgt für emotionales Drama. Hier glänzt vor allem die Stiefmutter als starke Frau, die lieber ihre Genitalien verstümmelt als sich ihrem Mann bedingungslos zu unterwerfen, und die an einer verbotenen Liebe zugrunde geht. Zwar geht die ganze Sache etwas zu steif und nüchtern über die Bühne, zieht aber in ihren Sog—zumal man auch aufs übliche Seifenopergewäsch verzichtet hat und in schönen, aber kitschfreien Bildern agiert. Nur bei Sohn Nr. 3 stört es ein bisschen, dass man keinen tieferen Einblick in seinen Charakter erhält, da er die tragende Figur ist, die nicht nur in einem Dilemma steckt—den eigenen Weg gehen oder das Familienimperium retten?—sondern auch in Liebesdingen nicht mit offenen Karten spielen kann. Selbstverständlich ist es nicht verwunderlich, dass der Spross im Laufe des Films (in schönen Wüstenaufnahmen) die richtige Entscheidung trifft—warum er sie jedoch trifft, hätte man dann doch gerne etwas näher beleuchtet gewusst. Dass die Charakterdarstellung also das Nachsehen hat, ist schade, doch die fehlende Tiefe der Figuren stößt hier weit weniger negativ auf als in vergleichbaren Historienschinken. Immerhin steht das Finanzdrama ganz im Vordergrund von Empire Of Silver. Das wird zunächst von der Zeit definiert, in der es spielt. Die Geschichte erstreckt sich nämlich über viele Jahre der späten Qing-Dynastie, die sich einem starken westlichen Einfluss und Bürgerkriegen ausgesetzt sieht, und greift diese Themen als weiteres Konfliktmaterial auf. Neben eher vertrackten Familienverhältnissen liegt der Fokus allerdings ganz klar auf dem Finanzdrama—dem Auf und Ab an der Börse, dem Kampf um die Erhaltung des Familienreichtums, dem Treffen wichtiger Entscheidungen auch in Zeiten von Krieg und einem größtenteils verarmten Volk.

Wie es jedoch in der Natur der Sache liegt, werden die »Abenteuer« in der Finanzwelt zu sachlich heruntergespult—allerdings auch nicht gerade langweilig. Wer wissen will, wie die damalige »Börse« funktioniert hat, mit all ihren Abakussen, Silberschiffchen und nicht ganz so willkommenem Papiergeld, bekommt hier einen interessanten Einblick, der über das biedere Dokumentarische hinausgeht.

Für den westlichen Markt dürfte Empire Of Silver allerdings nur eingeschränkt interessant sein. Man merkt deutlich, dass der Film kein Interesse daran hat, sich am westlichen Publikum anzubiedern. Er wurde zwar aufwändig und starbesetzt in Szene gesetzt, doch schon das eher komplizierte Thema Finanzwirtschaft dürfte viele abschrecken. Außerdem steigt der Film nicht tiefer in die chinesische Geschichte ein und vernachlässigt auch die Charakterentwicklung. Schlecht ist der Film definitiv nicht. Wer einem etwas sachlicher gehaltenen Spielfilm etwas abgewinnen kann, der könnte sich bei Empire Of Silver durchaus gut bedient fühlen.

© Shaoshi, 16. März 2011
7/10

白銀帝國 | Baiyin Diguo
China | Taiwan • 2009 • 116 Min. • Historisches Drama
Regie | Christina Yao
Drehbuch | Christina Yao, Cheng Yi
Darsteller | Aaron Kwok Fu-Shing, Zhang Tielin, Lei Hao, Jennifer Tilly, Cheng Ding Zhi, Yu Lei Zhen, Chieh King Shih, Jiang Hou Tong, Niu Tien, Zhong Lu, Man Shi Xiao, Sheng Shi Da

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Cover-Quelle: movie.douban.com

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