Filmkritik | Color Me Love (China, 2010)

Color Me LoveAuch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheinen mag, ist Color Me Love wieder so eine 0815-RomCom, die nach außen hin zwar wunderschön aussieht, aber ärgerlicherweise extrem hohl bleibt—d.h. sofern man sich von ihrem Äußeren nicht becircen lässt.

Wang Xiaofei (Yao Chen) ist das nette Mädel von nebenan, das in Kapuzenpulli und schmutzigen Turnschuhen bei einem Hochglanzmagazin unter Leitung der eleganten Zoe (Joan Chen) eine Karriere anfangen möchte. Der Teufel trägt Prada lässt grüßen. Und weil das auch den Machern bewusst ist, zitieren sie den Film vorsichtshalber gleich selbst. Inmitten von teuren Designerkleidern und Luxusaccessoires tritt nun der verquere Künstler Luan Yihong (Liu Ye) in Xiaofeis Leben. Was anfängliche Abneigung inklusive Handgreiflichkeiten ist, entwickelt sich rasch—wer hätte es gedacht—zur Liebe. Und weil jede Liebesgeschichte ihre Hochs und Tiefs braucht, um nicht vollständig zu langweilen, bauen die Macher ebensolche in den Film ein und deklarieren genau das als Handlung. Bevor es also zum vorhersehbaren Happy End kommt, muss erst noch etliches Hin und Her in Liebesdingen ausgestanden und so manches Designerprodukt in die Kamera gehalten werden.

Immerhin: Die Darsteller machen ihre Arbeit mit Herz. Der talentierten Yao Chen nimmt man die Rolle als bodenständige Frau gerne ab, zumal ihre Figur realistisch bleibt und nicht ganz so plump auf hässliches Entlein gemacht wurde wie in vielen anderen Genrevertretern. Ihr männlicher Gegenpart Liu Ye spielt mit ebensolcher Leidenschaft den Künstler. Allerdings glaubt man ihm nicht so recht, dass ihm tolle Klamotten egal sind, wenn er trotzdem in jeder Szene wie aus dem Ei gepellt aussieht. Wenigstens ist seine Figur Yihong dank seiner Ex-Freundin (Monica Mok) ein gebrochener Mann, der geradewegs in eine Depression steuert und in Xiaofei eine neue Muse findet, die ihn aus dem Dreck ziehen könnte. Nötig hätte er es, denn so wie er sich den ganzen Film über benimmt, hätte er eigentlich mehr Watschen verdient als er von Xiaofei einstecken muss. Ganz besonderes Augenmerk hat jedoch Joan Chen verdient, die als Editor-in-Chief des Hochglanzmagazins zwar nur eine Nebenrolle innehat, diese aber mit ganz besonderer Leidenschaft verkörpert. Nicht nur geht sie optisch perfekt als elegante Karrierefrau durch, sie scheint ihre Rolle selbst nicht ganz ernst zu nehmen und spielt mit den Klischees. Überraschenderweise steckt unter dieser Luxusschale im Grunde auch nur ein gebrochener Mensch. Denn ihr Privatleben liegt in Scherben—eine weitere Facette ihrer Figur.

Die Hochglanzbilder und die gelungene Kameraarbeit machen Color Me Love zu einem Kinofilm à la Hollywood. Der Film ist teuer und sauber produziert und bietet noch einige Cameo-Auftritte bekannter Persönlichkeiten. Die Locations schwelgen in Luxus und lassen mal wieder vergessen, dass nur ein Bruchteil der Pekinger Bevölkerung auch nur ansatzweise so lebt. Dieses oberflächliche Geprahle ist aber dringend nötig, um die anvisierte Zielgruppe zu hypnotisieren. Denn sonst wird schnell klar, dass wir es hier mit einem höchstens durchschnittlichen Film zu tun haben.

Erstes großes Manko ist da die fehlende Handlung. Es gibt schlicht und ergreifend keine, da auch die Liebesgeschichte zwischen Xiaofei und Yihong trotz allen Hin und Hers viel zu glatt bleibt. Es gibt keine richtigen Konflikte, der Film plätschert so dahin. Kein Wunder, dass kleinere Zeitsprünge Durststrecken einfach überspringen. Die Liebe zwischen Xiaofei und Yihong bleibt ein Mysterium. Warum fühlen sie sich plötzlich so grundlos zueinander hingezogen? Warum verhalten sie sich so stur und doof, wie sie es laut Drehbuch nun mal tun müssen? Vieles bleibt wenig nachvollziehbar. Anstatt einfühlsam zu zeigen, wie sich Figuren fühlen, wird es einfach von anderen behauptet. Das macht den Film oberflächlich und statisch. Weil auch nichts wirklich Interessantes passiert (es sei denn, man interessiert sich für Modenschauen oder Luxusdinner), zieht sich der Film streckenweise und ist mindestens 20 Minuten zu lang geraten.

Im Endeffekt stört auch der Glamour. Denn eigentlich hätte der Film auch funktioniert, wenn Xiaofei nicht in einem Modemagazin gearbeitet hätte, sondern nur den verzogenen dicken Kindern Ballettunterricht gegeben hätte (was sie im Film nur als überflüssigen Zweitjob tut). Damit wäre der Streifen wohl auch um einiges bodenständiger und sympathischer gewesen. Aber dann wäre er im luxusversessenen China wohl auf weniger Beachtung gestoßen und man hätte die Frauen kaum in teure Luxusgarderobe stecken können.

Color Me Love erzählt eine im Kern uninteressante Liebesgeschichte zwischen einem verschrobenen, aber geleckten Mann und einem Mädel von nebenan. Nebengeschichten wie die Story um Yihongs Ex-Freundin oder Chefin Zoe sind interessant, werden aber nur angeschnitten und sind somit im Grunde überflüssig. Schade, denn so gibt Color Me Love außer superben Bildern kaum etwas her. Der Zielgruppe könnte es trotzdem gefallen—diese setzt sich aus denjenigen zusammen, die sich beim Namedropping diverser Designer vor Freude schon fast in die Hose machen. Und davon soll es ja bekanntlich auch nicht gerade wenige geben.

© Shaoshi, 22. Oktober 2012
4/10

爱出色 | Ai Chu Se
China • 2010 • 97 Min • Romanze
Regie | Alexi Tan
Drehbuch | Ning Caishen
Darsteller | Liu Ye, Yao Chen, Joan Chen Chong, Monica Mok, Zhu Hong, Russell Wong, Zhu Jie, Gao Yuanyuan, Wong Hei, Hong Huang, Su Mang, Faye Yu, Peter Loehr, Erik Siao, Peter Cheung, Daniel Chan, Lü Yan, Yue Minjun, Zing Ng

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Cover-Quelle: movie.douban.com

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